Der Geburtstag

Heute Morgen am Friedhof kam mir ein alter Mann auf einem Fahrrad entgegen.

Er trug einen in Zeitungspapier gewickelten Blumenstrauß bei sich. Der alte Mann öffnete das Tor zum Friedhof, schob das Fahrrad hindurch. In meinen Gedanken stelle mir vor, dass seine verstorbene Frau heute Geburtstag hat und er ihr die Blumen an das Grab bringt. Er wird dann wieder nach Hause fahren, das gerahmte Bild seiner Frau auf den Küchentisch stellen. An der Stelle, an der sie immer gesessen hat. Dann schneidet er ein Stück Zitronenkuchen auf und legt auch ihr ein Stück auf den Teller. Er holt die Porzellankanne aus dem Schrank und füllt den frischen Kaffee in die Kanne. Er gießt sich und seiner Frau Kaffee ein. Dann setzt er sich auf den Stuhl. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, sagt er mit leiser Stimme. Eine Träne topft dabei in seinen Kaffee.

Jann-B. Webermann 26. November 2017

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Der Himmelsozean

Hochdroben im tiefen Ozean
Läufst du mir entgegen
Die Füsse nach unten in den Himmel gestreckt
Ein Stern zieht unten durch die Wellen des Himmels
Traurig lachend singst du ein Gedicht
Nasser Sternenstaub in deinem tropftrockenen Haar
So tauche ich hinauf aus meinem Traum

Jetzt seh ich dich neben mir
Die Welt durch dich für mich geordnet
Alles ist klar
Alles ist wahr

Mein Herz liegt in deiner Hand
Nichts außer dich brauche ich
Nicht einmal den Verstand

Jann-B. Webermann 08. Juni 2017

Flüssig gewordene Sehnsucht

Die Brandung treibt die Wellen an den Strand. Es ist als ob das Meer nach dir greifen und zu sich ziehen will, dass du eins werdest mit dem Meer. Es zieht dich magisch an, diese flüssig gewordene Sehnsucht. Du ziehst deine Schuhe und Strümpfe aus und gehst über den mit feinen Muscheln bedeckten, strahlend weißen Strand. Grad nur soweit, bis das das schäumende Wasser deine Füße bedeckt. Jetzt bist du eins mit dem Meer ………

Jann-B. Webermann 01. Oktober 2017

Das Meer

Was sind deine Gedanken wenn du an das Meer denkst?

Ich möchte dir erzählen woran ich denke:

Es ist früh am Morgen. 

Bevor ich es sehe, schmecke und rieche ich die salzige Luft die vom Meer ins Innere des Landes weht, erst viel später höre ich das Meer und denke, es ruft nach mir. Dann, wenn ich durch die hohen und langen Dünen gehe, erst dann können meine Augen das Meer sehen. 

Die Zeit des Sonnenaufgangs.

Da liegt es vor mir, das Element ohne das ich nicht existieren kann. 

Die Wellen sind an diesem Oktober Morgen besonders hoch. Ein starker Wind treibt sie an den Strand wo sie sich ganz weit auslaufen. Der Meeresschaum legt sich wie Schnee an den Strand. Hin und wieder stieben sie in der Dunkelheit einzeln weiter zu den Dünen als ob sie Schneeflocken wären. 

Ich beuge mich nach unten und nehme eine Handvoll Schaum. Ich reibe mein Gesicht und meinen Hals damit ein. Ich spüre sofort das Salzige auf der Haut. 

Bin ich jetzt eins mit dem Meer? Ein Teil von ihm? 

Die Sonne ist aufgegangen und ich gehe vom Strand zurück zu den Dünen. Ich schaue mich nicht um, denn ich verabschiede mich nicht vom Meer. Das Meer ist in mir.

Jetzt, am Ende der Dünen ist es ganz hell geworden, der Wind dort ruhiger. 

Ich höre sie noch, die Wellen. Bald, bald bin ich wieder da.

Jann-B. Webermann 30. September 2017